Fünf Minuten Ekel – Interview mit Dr. Christine Volm

Foto: © Mareefe / pexels
Foto: © Mareefe / pexels

Dagegen sei kein Kraut gewachsen, so sagt es der Volksmund. Aber frische Kräuter finden immer häufiger den Weg in unseren Mund. Kräuter sind die wahren Küchengötter. Über Kraut und Ekel sprachen wir mit der Botanikerin, Food-Bloggerin und Autorin Dr. Christine Volm. Sie ist Expertin für essbare Wildpflanzen und meint, dass Gesundheit und Genuss zusammengehören.

Disgusting Food Museum Berlin: Inwiefern stellt das starke Gefühl des Ekels für Dich ein Thema bei Ernährungsfragen dar?

Dr. Christine Volm: Ekel ist eine natürliche Körperreaktion, ein Widerwillen oder eine starke Abneigung, die uns davor warnt, etwas Verdorbenes oder für uns Schlechtes zu essen. Grundsätzlich ist Ekel also wichtig, wenn es darum geht, die für uns geeigneten Nahrungsmittel zu erkennen. Allerdings kann Ekel auch mit Unerfahrenheit verknüpft sein. Meine erste Durian beispielsweise fand ich sehr eklig. Ein Jahr später probierte ich nochmal, und sie schmeckte köstlich. Erst, wenn wir etwas mehrfach probiert haben, kann uns unser Geschmack wirklich führen. Das erlebe ich auf meinen Exkursionen zum Thema „Essbare Wildpflanzen“ immer wieder. Schmecken will gelernt werden. Ekel, der durch einen Geschmack ausgelöst wird, ist aber zu unterscheiden von Ekel, den wir vor Produkten haben, die wir aufgrund ihrer Herstellung als ekelerregend empfinden. Ich als Veganerin unterscheide da besonders deutlich zwischen dem „Instinkt“, der uns führt, und dem „Affekt“, der mehr psychisch beeinflusst ist.

DFM Berlin: Du beschäftigst Dich intensiv mit Wildpflanzen. Gibt es solche, die auf den ersten Blick oder Geruch als ekelhaft bewertet werden könnten, dann aber in der Küche zu kulinarischer Höchstform auflaufen?

Dr. Christine Volm: Bei den Wildpflanzen gibt es das eher selten, aber manche Pflanzen riechen wirklich eigentümlich, schmecken dann aber ganz angenehm. Zum Beispiel macht der Stinkende Storchschnabel (Geranium robertianum) seinem Namen geschmacklich keine Ehre. Im Gegenteil: Er kann gut als säuerlich schmeckendes Gewürz verwendet werden, beispielsweise in Säften, Salaten oder Smoothies.

DFM Berlin: Welchen schlimmsten Küchenekel hast Du selbst jemals angerichtet?

Dr. Christine Volm: Oh, das ist schon sehr lange her, als ich anfing, Rezepte großer Köche nachzukochen. Ich war da erst 19. Es war ein Rezept mit Blumenkohl in einer Bechamel-Soße mit Kirschwasser. Heute kocht ja kaum jemand mehr Bechamel. Aber Kirschwasser macht sie jedenfalls nicht besser, und mehr Kirschwasser macht sie noch schlechter. Das war eines der wenigen Gerichte, die im Müll landeten. Der Blumenkohl war nicht mehr zu retten. Aber es war mir eine Lehre. Ich habe gelernt, ordentlich zu dosieren. Und darum geht es ja in der Küche, in meiner Wildpflanzen-Rohkostküche ganz besonders. Die speziellen Geschmacksnuancen der Wildpflanzen müssen fein auf die anderen Zutaten abgestimmt werden für maximalen kulinarischen Genuss.

Wir danken für das Gespräch!

Die Fragen stellte Dr. Martin A. Völker.

Dr. Christine Volm

Dr. Christine Volm (Autorin)
Wild und roh: Die besten Smoothies mit Wildpflanzen
Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2015
Klappenbroschur, 128 S.
17,90 €
ISBN: 978-3-8001-8441-5


Schreibe einen Kommentar

THE NEW(S) LETTER OF DISGUST


Lass' dich von uns per E-Mail über neue Aktionen und Ekel-Events informieren! (Hinweise zum Datenschutz)
 
Anmelden
Hier gibt's was kostenlos!
close-image